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Was ein Philosoph ist, das ist deshalb schlecht zu lernen, weil es nicht zu lehren ist.

INCIPIT ZARATHUSTRA.
INCIPIT PHILOSOPHIA.
>> 1450  
[Zarathustra als der antimoderne Philosoph — par excellence.]

Höchstes Gestirn des Seins!
Ewiger Bildwerke Tafel!
Du kommst zu mir? —
Was Keiner erschaut hat,
deine stumme Schönheit, —
wie? sie flieht vor meinen Blicken nicht?
Schild der Nothwendigkeit!
Ewiger Bildwerke Tafel!
— aber du weisst es ja:
was Alle hassen,
was allein ich liebe,
dass du ewig bist!
dass du nothwendig bist!
Meine Liebe entzündet
sich ewig nur an der Nothwendigkeit.
Schild der Nothwendigkeit!
Gestirn des Seins!
— das kein Wunsch erreicht,
das kein Nein befleckt,
ewiges Ja des Sein’s,
ewig bin ich dein Ja:
denn ich liebe dich, oh Ewigkeit! — —
>> 1451  
... Wenn mein Zorn je Gräber brach, Grenzsteine rückte und alte Tafeln zerbrochen in steile Tiefen rollte:
Wenn mein Hohn je vermoderte Worte zerblies, und ich wie ein Besen kam den Kreuzspinnen und als Fegewind alten verdumpften Grabkammern:
Wenn ich je frohlockend sass, wo alte Götter begraben liegen, weltsegnend, weltliebend neben den Denkmalen alter Welt-Verleumder: —
— denn selbst Kirchen und Gottes-Gräber liebe ich, wenn der Himmel erst reinen Auges durch ihre zerbrochenen Decken blickt; gern sitze ich gleich Gras und rothem Mohne auf zerbrochnen Kirchen —
Oh wie sollte ich nicht nach der Ewigkeit brünstig sein und nach dem hochzeitlichen Ring der Ringe, — dem Ring der Wiederkunft?
Nie noch fand ich das Weib, von dem ich Kinder mochte, es sei denn dieses Weib, das ich liebe: denn ich liebe dich, oh Ewigkeit!
Denn ich liebe dich, oh Ewigkeit! ...

— „Wahrlich, meine Freunde, ich wandle unter den Menschen wie unter den Bruchstücken und Gliedmaassen von Menschen!
Diess ist meinem Auge das Fürchterliche, dass ich den Menschen zertrümmert finde und zerstreuet wie über ein Schlacht- und Schlächterfeld hin.
Und flüchtet mein Auge vom Jetzt zum Ehemals: es findet immer das Gleiche: Bruchstücke und Gliedmaassen und grause Zufälle — aber keine Menschen!
Das Jetzt und das Ehemals auf Erden — ach! meine Freunde — das ist mein Unerträglichstes; und ich wüsste nicht zu leben, wenn ich nicht noch ein Seher wäre, dessen, was kommen muss.
Ein Seher, ein Wollender, ein Schaffender, eine Zukunft selber und eine Brücke zur Zukunft — und ach, auch noch gleichsam ein Krüppel an dieser Brücke: das Alles ist Zarathustra.
Und auch ihr fragtet euch oft: „wer ist uns Zarathustra? Wie soll er uns heissen?“ Und gleich mir selber gabt ihr euch Fragen zur Antwort.
Ist er ein Versprechender? Oder ein Erfüller? Ein Erobernder? Oder ein Erbender? Ein Herbst? Oder eine Pflugschar? Ein Arzt? Oder ein Genesener?
Ist er ein Dichter? Oder ein Wahrhaftiger? Ein Befreier? Oder ein Bändiger? Ein Guter? Oder ein Böser?
Ich wandle unter Menschen als den Bruchstücken der Zukunft: jener Zukunft, die ich schaue.
Und das ist all mein Dichten und Trachten, dass ich in Eins dichte und zusammentrage, was Bruchstück ist und Räthsel und grauser Zufall.
Und wie ertrüge ich es, Mensch zu sein, wenn der Mensch nicht auch Dichter und Räthselrather und der Erlöser des Zufalls wäre!
Die Vergangnen zu erlösen und alles „Es war“ umzuschaffen in ein „So wollte ich es!“ — das hiesse mir erst Erlösung!
Wille — so heisst der Befreier und Freudebringer: also lehrte ich euch, meine Freunde! Und nun lernt diess hinzu: der Wille selber ist noch ein Gefangener.
Wollen befreit: aber wie heisst Das, was auch den Befreier noch in Ketten schlägt?
„Es war“: also heisst des Willens Zähneknirschen und einsamste Trübsal. Ohnmächtig gegen Das, was gethan ist — ist er allem Vergangenen ein böser Zuschauer.
Nicht zurück kann der Wille wollen; dass er die Zeit nicht brechen kann und der Zeit Begierde, — das ist des Willens einsamste Trübsal.
Wollen befreit: was ersinnt sich das Wollen selber, dass es los seiner Trübsal werde und seines Kerkers spotte?
Ach, ein Narr wird jeder Gefangene! Närrisch erlöst sich auch der gefangene Wille.
Dass die Zeit nicht zurückläuft, das ist sein Ingrimm; „Das, was war“ — so heisst der Stein, den er nicht wälzen kann.
Und so wälzt er Steine aus Ingrimm und Unmuth und übt Rache an dem, was nicht gleich ihm Grimm und Unmuth fühlt.
Also wurde der Wille, der Befreier, ein Wehethäter: und an Allem, was leiden kann, nimmt er Rache dafür, dass er nicht zurück kann.
„Diess, ja diess allein ist Rache selber: des Willens Widerwille gegen die Zeit und ihr „Es war.“
Wahrlich, eine grosse Narrheit wohnt in unserm Willen; und zum Fluche wurde es allem Menschlichen, dass diese Narrheit Geist lernte!
Der Geist der Rache: meine Freunde, das war bisher der Menschen bestes Nachdenken; und wo Leid war, da sollte immer Strafe sein.
„Strafe“ nämlich, so heisst sich die Rache selber: mit einem Lügenwort heuchelt sie sich ein gutes Gewissen.
Und weil im Wollenden selber Leid ist, darob dass es nicht zurück wollen kann, — also sollte Wollen selber und alles Leben — Strafe sein!
Und nun wälzte sich Wolke auf Wolke über den Geist: bis endlich der Wahnsinn predigte: „Alles vergeht, darum ist Alles Werth zu vergehn!“
„Und diess ist selber Gerechtigkeit, jenes Gesetz der Zeit, dass sie ihre Kinder fressen muss“: also predigte der Wahnsinn.
„Sittlich sind die Dinge geordnet nach Recht und Strafe. Oh wo ist die Erlösung vom Fluss der Dinge und der Strafe „Dasein“?“ Also predigte der Wahnsinn.
„Kann es Erlösung geben, wenn es ein ewiges Recht giebt? Ach, unwälzbar ist der Stein „Es war“: ewig müssen auch alle Strafen sein!“ Also predigte der Wahnsinn.
„Keine That kann vernichtet werden: wie könnte sie durch die Strafe ungethan werden! Diess, diess ist das Ewige an der Strafe „Dasein“, dass das Dasein auch ewig wieder That und Schuld sein muss!
„Es sei denn, dass der Wille endlich sich selber erlöste und Wollen zu Nicht-Wollen würde —“: doch ihr kennt, meine Brüder, diess Fabellied des Wahnsinns!
Weg führte ich euch von diesen Fabelliedern, als ich euch lehrte: „der Wille ist ein Schaffender.“
Alles „Es war“ ist ein Bruchstück, ein Räthsel, ein grauser Zufall — bis der schaffende Wille dazu sagt: „aber so wollte ich es!“
— Bis der schaffende Wille dazu sagt: „Aber so will ich es! So werde ich’s wollen!“
Aber sprach er schon so? Und wann geschieht diess? Ist der Wille schon abgeschirrt von seiner eignen Thorheit?
Wurde der Wille sich selber schon Erlöser und Freudebringer? Verlernte er den Geist der Rache und alles Zähneknirschen?
Und wer lehrte ihn Versöhnung mit der Zeit, und Höheres als alle Versöhnung ist?
Höheres als alle Versöhnung muss der Wille wollen, welcher der Wille zur Macht ist —: doch wie geschieht ihm das? Wer lehrte ihn auch noch das Zurückwollen?..“

Wenn er seiner Erhabenheit müde würde, dieser Erhabene: dann erst würde seine Schönheit anheben, — und dann erst will ich ihn schmecken und schmackhaft finden.
Und erst, wenn er sich von sich selber abwendet, wird er über seinen eignen Schatten springen — und, wahrlich! hinein in seine Sonne.
Allzulange sass er im Schatten, die Wangen bleichten dem Büsser des Geistes; fast verhungerte er an seinen Erwartungen.
Verachtung ist noch in seinem Auge; und Ekel birgt sich an seinem Munde. Zwar ruht er jetzt, aber seine Ruhe hat sich noch nicht in die Sonne gelegt.
Dem Stiere gleich sollte er thun; und sein Glück sollte nach Erde riechen und nicht nach Verachtung der Erde.
Als weissen Stier möchte ich ihn sehn, wie er schnaubend und brüllend der Pflugschar vorangeht: und sein Gebrüll sollte noch alles Irdische preisen!
Dunkel noch ist sein Antlitz; der Hand Schatten spielt auf ihm. Verschattet ist noch der Sinn seines Auges.
Seine That selber ist noch der Schatten auf ihm: die Hand verdunkelt den Handelnden. Noch hat er seine That nicht überwunden.
Wohl liebe ich an ihm den Nacken des Stiers: aber nun will ich auch noch das Auge des Engels sehn.
Auch seinen Helden-Willen muss er noch verlernen: ein Gehobener soll er mir sein und nicht nur ein Erhabener: — der Aether selber sollte ihn heben, den Willenlosen!
Er bezwang Unthiere, er löste Räthsel: aber erlösen sollte er auch noch seine Unthiere und Räthsel, zu himmlischen Kindern sollte er sie noch verwandeln.
Noch hat seine Erkenntniss nicht lächeln gelernt und ohne Eifersucht sein; noch ist seine strömende Leidenschaft nicht stille geworden in der Schönheit.
Wahrlich, nicht in der Sattheit soll sein Verlangen schweigen und untertauchen, sondern in der Schönheit! Die Anmuth gehört zur Grossmuth des Grossgesinnten.
Den Arm über das Haupt gelegt: so sollte der Held ausruhn, so sollte er auch noch sein Ausruhen überwinden.
Aber gerade dem Helden ist das Schöne aller Dinge Schwerstes. Unerringbar ist das Schöne allem heftigen Willen.
Ein Wenig mehr, ein Wenig weniger: das gerade ist hier Viel, das ist hier das Meiste.
Mit lässigen Muskeln stehn und mit abgeschirrtem Willen: das ist das Schwerste euch Allen, ihr Erhabenen!
Wenn die Macht gnädig wird und herabkommt in’s Sichtbare: Schönheit heisse ich solches Herabkommen.
Und von Niemandem will ich so als von dir gerade Schönheit, du Gewaltiger: deine Güte sei deine letzte Selbst-Überwältigung.
Alles Böse traue ich dir zu: darum will ich von dir das Gute.
Wahrlich, ich lachte oft der Schwächlinge, welche sich gut glauben, weil sie lahme Tatzen haben!
Der Säule Tugend sollst du nachstreben: schöner wird sie immer und zarter, aber inwendig härter und tragsamer, je mehr sie aufsteigt.
Ja, du Erhabener, einst sollst du noch schön sein und deiner eignen Schönheit den Spiegel vorhalten.
Dann wird deine Seele vor göttlichen Begierden schaudern; und Anbetung wird noch in deiner Eitelkeit sein!
Diess nämlich ist das Geheimniss der Seele: erst, wenn sie der Held verlassen hat, naht ihr, im Traume, — der Über-Held.


Im Menschen ist Geschöpf und Schöpfer vereint: im Menschen ist Stoff, Bruchstück, Überfluss, Lehm, Koth, Unsinn, Chaos; aber im Menschen ist auch Schöpfer, Bildner, Hammer-Härte, Zuschauer-Göttlichkeit und siebenter Tag: — versteht ihr diesen Gegensatz?....
>> 1452  
[ Mein Leid und mein Mitleiden — was liegt daran! Trachte ich denn nach Glücke? Ich trachte nach meinem Werke!..
— Also sprach Zarathustra und verliess seine Höhle, glühend und stark, wie eine Morgensonne, die aus dunklen Bergen kommt. ]
>> 1453  
[The immoralist speaks. — Nothing offends the taste of a philosopher more than the human, in so far as it desires... If he merely sees the human in action, if he sees this bravest, toughest, shrewdest of animals in a struggle with labyrinthine difficulties, how admirable the human appears to him! But the philosopher despises the desiring human, as well as the desirable human — and all his desirable things, to boot, all the human's "ideals". If a philosopher could be a nihilist, it would be because he finds nothingness behind all the human's ideals: or indeed, not even nothingness — but just the good-for-nothing, the absurd, the short, the wretched, the sweet, the cowardly, the tired, dregs of all kinds from the drained chalice of his life... How does it come about that the human, so venerable as a reality, inspires so little respect when he desires? Is it that the huge exertions of brain and will demanded in all his doings must be paid for by and even greater mindless, will-less stretching into the imaginary? The story of the humans' desirable things is the partie honteuse of the human story; visualizing his ideals for too long might even end in disgust at the human. But his reality justifies him and will eternally justify him; for the actual human is infinitely more valuable than a human hitherto desired, dreamed up, tidied up, lied about — than any ideal human. / And only the "ideal human" offends the philosopher's taste.

"[Vorausgesetzt, dass die Wahrheit ein Weib ist —,] das Weib lernt hassen, in dem Maasse, in dem es zu bezaubern — verlernt."
— Ich nehme ein Paar Skeptiker bei Seite, den anständigen Typus in der Geschichte der Philosophie: aber der Rest kennt die ersten Forderungen der intellektuellen Rechtschaffenheit nicht. Sie machen es allesammt wie die Weiblein, alle diese grossen Schwärmer und Wunderthiere, — sie halten die „schönen Gefühle“ bereits für Argumente, den „gehobenen Busen“ für einen Blasebalg der Gottheit, die Überzeugung für ein Kriterium der Wahrheit. Zuletzt hat noch Kant, in „deutscher“ Unschuld, diese Form der Corruption, diesen Mangel an intellektuellem Gewissen unter dem Begriff „praktische Vernunft“ zu verwissenschaftlichen versucht: er erfand eigens eine Vernunft dafür, in welchem Falle man sich nicht um die Vernunft zu kümmern habe, nämlich wenn die Moral, wenn die erhabne Forderung „du sollst“ laut wird. Erwägt man, dass fast bei allen Völkern der Philosoph nur die Weiterentwicklung des priesterlichen Typus ist, so überrascht dieses Erbstück des Priesters, die Falschmünzerei vor sich selbst, nicht mehr. Wenn man heilige Aufgaben hat, zum Beispiel die Menschen zu bessern, zu retten, zu erlösen, wenn man die Gottheit im Busen trägt, Mundstück jenseitiger Imperative ist, so steht man mit einer solchen Mission bereits ausserhalb aller bloss verstandesmässigen Werthungen, — selbst schon geheiligt durch eine solche Aufgabe, selbst schon der Typus einer höheren Ordnung!… Was geht einen Priester die Wissenschaft an! Er steht zu hoch dafür! — Und der Priester hat bisher geherrscht! Er bestimmte den Begriff „wahr“ und „unwahr“!…
]
>> 1454  
[ Die Moral der Züchtung und die Moral der Zähmung sind in den Mitteln, sich durchzusetzen, vollkommen einander würdig: wir dürfen als obersten Satz hinstellen, dass, um Moral zu machen, man den unbedingten Willen zum Gegentheil haben muss. Dies ist das grosse, das unheimliche Problem, dem ich am längsten nachgegangen bin: die Psychologie der „Verbesserer“ der Menschheit. Eine kleine und im Grunde bescheidne Thatsache, die der sogenannten pia fraus, gab mir den ersten Zugang zu diesem Problem: die pia fraus, das Erbgut aller Philosophen und Priester, die die Menschheit „verbesserten“. Weder Manu, noch Plato, noch Confucius, noch die jüdischen und christlichen Lehrer haben je an ihrem Recht zur Lüge gezweifelt. Sie haben an ganz andren Rechten nicht gezweifelt… In Formel ausgedrückt dürfte man sagen: alle Mittel, wodurch bisher die Menschheit moralisch gemacht werden sollte, waren von Grund aus unmoralisch. — ]
>> 1455  
[ [NB (aside from Heraclitus, who is referred to, but not without a doubt...): "But to grasp that you would have to have already learned how to look round the corner, as I can — precisely so that your glance can anticipate the illustrious country to which at first a crooked path leads, a path through "fields of misfortune", as my friend Empedocles has just whispered to me {cf. Empedocles, fragment 121}..."] ]
>> 1456  
— Wie viel Wahrheit erträgt, wie viel Wahrheit wagt ein Geist? das wurde für mich immer mehr der eigentliche Werthmesser. Irrthum (— der Glaube an’s Ideal —) ist nicht Blindheit, Irrthum ist Feigheit… Jede Errungenschaft, jeder Schritt vorwärts in der Erkenntniss folgt aus dem Muth, aus der Härte gegen sich, aus der Sauberkeit gegen sich… Ich widerlege die Ideale nicht, ich ziehe bloss Handschuhe vor ihnen an… Nitimur in vetitum: in diesem Zeichen siegt einmal meine Philosophie, denn man verbot bisher grundsätzlich immer nur die Wahrheit. —
[Zum Begriff "die Schwachen".]


Was ist gut? — Alles, was das Gefühl der Macht, den Willen zur Macht, die Macht selbst im Menschen erhöht.
Was ist schlecht? — Alles, was aus der Schwäche stammt.


"Ich widerspreche, wie nie widersprochen worden ist und bin trotzdem der Gegensatz eines neinsagenden Geistes. Ich bin ein froher Botschafter, wie es keinen gab ich kenne Aufgaben von einer Höhe, dass der Begriff dafür bisher gefehlt hat; erst von mir an giebt es wieder Hoffnungen. Mit Alledem bin ich nothwendig auch der Mensch des Verhängnisses. Denn wenn die Wahrheit mit der Lüge von Jahrtausenden in Kampf tritt, werden wir Erschütterungen haben, einen Krampf von Erdbeben, eine Versetzung von Berg und Thal, wie dergleichen nie geträumt worden ist. Der Begriff Politik ist dann gänzlich in einen Geisterkrieg aufgegangen, alle Machtgebilde der alten Gesellschaft sind in die Luft gesprengt — sie ruhen allesamt auf der Lüge: es wird Kriege geben, wie es noch keine auf Erden gegeben hat. Erst von mir an giebt es auf Erden grosse Politik."
— Ich bin zum Beispiel durchaus kein Popanz, kein Moral-Ungeheuer, — ich bin sogar eine Gegensatz-Natur zu der Art Mensch, die man bisher als tugendhaft verehrt hat. Unter uns, es scheint mir, dass gerade Das zu meinem Stolz gehört. Ich bin ein Jünger des Philosophen Dionysos, ich zöge vor, eher noch ein Satyr zu sein als ein Heiliger. |Aber man lese nur diese Schrift. Vielleicht gelang es mir, vielleicht hatte diese Schrift gar keinen andren Sinn, als diesen Gegensatz in einer heitren und menschenfreundlichen Weise zum Ausdruck zu bringen.| Das Letzte, was ich versprechen würde, wäre, die Menschheit zu „verbessern“. Von mir werden keine neuen Götzen aufgerichtet; die alten mögen lernen, was es mit thönernen Beinen auf sich hat. Götzen (mein Wort für „Ideale“) umwerfen — das gehört schon eher zu meinem Handwerk. Man hat die Realität in dem Grade um ihren Werth, ihren Sinn, ihre Wahrhaftigkeit gebracht, als man eine ideale Welt erlog… Die „wahre Welt“ und die „scheinbare Welt“ — auf deutsch: die erlogne Welt und die Realität… Die Lüge des Ideals war bisher der Fluch über der Realität, die Menschheit selbst ist durch sie bis in ihre untersten Instinkte hinein verlogen und falsch geworden — bis zur Anbetung der umgekehrten Werthe, als die sind, mit denen ihr erst das Gedeihen, die Zukunft, das hohe Recht auf Zukunft verbürgt wäre.
>> 1457  
>>1456
– [Der Mensch] ist durchaus keine Krone der Schöpfung, jedes Wesen ist, neben ihm, auf einer gleichen Stufe der Vollkommenheit… Und indem wir das behaupten, behaupten wir noch zuviel: der Mensch ist, relativ genommen, das missrathenste Thier, das krankhafteste, das von seinen Instinkten am gefährlichsten abgeirrte — freilich, mit alle dem, auch das interessanteste! –
NB. "Die Missratenen" – wie Dostojewskis "Der Idiot". (Sie selbst sehen die Realität nicht. Es gibt keine φρόνησις. Wenn den „Schwachen“ σοφία fehlt.)

Diese reine Fiktions-Welt unterscheidet sich dadurch sehr zu ihren Ungunsten von der Traumwelt, dass letztere die Wirklichkeit wiederspiegelt, während sie die Wirklichkeit fälscht, entwerthet, verneint. Nachdem erst der Begriff „Natur“ als Gegenbegriff zu „Gott“ erfunden war, musste „natürlich“ das Wort sein für „verwerflich“, — jene ganze Fiktions-Welt hat ihre Wurzel im Hass gegen das Natürliche (— die Wirklichkeit! —), sie ist der Ausdruck eines tiefen Missbehagens am Wirklichen… Aber damit ist Alles erklärt. Wer allein hat Gründe sich wegzulügen aus der Wirklichkeit? Wer an ihr leidet. Aber an der Wirklichkeit leiden heisst eine verunglückte Wirklichkeit sein… Das Übergewicht der Unlustgefühle über die Lustgefühle ist die Ursache jener fiktiven Moral und Religion: ein solches Übergewicht giebt aber die Formel ab für décadence…
>> 1458  
[Говоря сложные вещи "одним словом": imperium Romanum, imperium Christianum, мир Бодена, мир Наполеона, или очередной, иной, imperium, — нет совершенно никакой разницы, — как они называются, как называется то, что обозначается и означается как "истина" (что Wahrheit для Платона, то для Ницше — Macht, а для верующего — "откровение" (Книга)), так как наилучший и наиболее оптимальный способ организации бытия, взятый либо как необходимость (amor fati), либо как вышеозначенный идеализм (wahre Welt, т.е. желаемый мир, включающий в себя осознание "я этого не хотел(а)"), во все времена, как "истина", как "Antwort", как "окончательный ответ" — один и тот же вне зависимости от действительностей (например, Umwelt) тех, кто изучает предмет (например, бытие). И, следовательно, либо человек идиот (например, в смысле Достоевского ("Идиот"), или в смысле Ницше ("Анти-Христ"), или в смысле Греле ("La grande théorie des crétins"), или ...), следовательно, ошибающийся, нигилист и стремящийся к смерти (теология креста, или "being towards death", или в смысле противопоставления lebenstrieb и todestrieb, или в смысле ницшевского противопоставления вечного возвращения и amor fati идеализму, или ...), опасный и вредный (detrimental) как для себя, так и для других, либо он есть тот, кто совершает (не важно, философски, научно или религиозно) корректные поступки, которые необходимо совершить, чтобы не быть ни "das noch nicht festgestellte Thier", ни "das missrathenste Thier", как всё человечество, а только "der Starken", "der Bevorrechtigten", "der glücklichen" (тип радостного и благодарного)... в конечном счёте, все люди на всей Земле и во всей вечности "сами не знаю что хотят", но хотят одно и то же, вне зависимости от того, как называется и как обозначается таковое учение (или то, что обозначают "Macht" или "истина"). (Следовательно, "imperium" в рамках планетарных и космических может быть "более чем" нормальным и естественным состоянием человеческого "организма", означаемого как "коллектив" (т.е. всё человечество, вне зависимости, на каких языках под-группы могут коммуницировать и говорить), и вне зависимости от того, что написано в данном предложении, наилучшее, "идеальное", и "самое желаемое" для всех, как "цель", — никак не изменится. (Оно либо необходимо (в ницшевском смысле, из чего следует эпистемологическая позиция amor fati), либо достижимо (в сократическом понимании, и тогда это — оптимизм), но природа его от этих названий никак не меняется.))

"Die Schwachen und Missrathnen sollen zu Grunde gehn: erster Satz unsrer Menschenliebe. Und man soll ihnen noch dazu helfen."
— Zuletzt freilich, um solchen Religionen auch die schlimme Gegenrechnung zu machen und ihre unheimliche Gefährlichkeit an’s Licht zu stellen: — es bezahlt sich immer theuer und fürchterlich, wenn Religionen nicht als Züchtungs- und Erziehungsmittel in der Hand des Philosophen, sondern von sich aus und souverän walten, wenn sie selber letzte Zwecke und nicht Mittel neben anderen Mitteln sein wollen. Es giebt bei dem Menschen wie bei jeder anderen Thierart einen Überschuss von Missrathenen, Kranken, Entartenden, Gebrechlichen, nothwendig Leidenden; die gelungenen Fälle sind auch beim Menschen immer die Ausnahme und sogar in Hinsicht darauf, dass der Mensch das noch nicht festgestellte Thier ist, die spärliche Ausnahme. Aber noch schlimmer: je höher geartet der Typus eines Menschen ist, der durch ihn dargestellt wird, um so mehr steigt noch die Unwahrscheinlichkeit, dass er geräth: das Zufällige, das Gesetz des Unsinns im gesammten Haushalte der Menschheit zeigt sich am erschrecklichsten in seiner zerstörerischen Wirkung auf die höheren Menschen, deren Lebensbedingungen fein, vielfach und schwer auszurechnen sind. Wie verhalten sich nun die genannten beiden grössten Religionen zu diesem Überschuss der misslungenen Fälle? Sie suchen zu erhalten, im Leben festzuhalten, was sich nur irgend halten lässt, ja sie nehmen grundsätzlich für sie Partei, als Religionen für Leidende, sie geben allen Denen Recht, welche am Leben wie an einer Krankheit leiden, und möchten es durchsetzen, dass jede andre Empfindung des Lebens als falsch gelte und unmöglich werde. Möchte man diese schonende und erhaltende Fürsorge, insofern sie neben allen anderen auch dem höchsten, bisher fast immer auch leidendsten Typus des Menschen gilt und galt, noch so hoch anschlagen: in der Gesammt-Abrechnung gehören die bisherigen, nämlich souveränen Religionen zu den Hauptursachen, welche den Typus „Mensch“ auf einer niedrigeren Stufe festhielten, — sie erhielten zu viel von dem, was zu Grunde gehn sollte...
"sollen zu Grunde gehn" — но именно это "zu Grunde" и есть, по мнению Ницше, изобретение христианства, и до того, ещё и не только христианства, — изобретение жрецов в смысле устранения злых, отправления их в метафорически "zu Grunde", на деле: в ад. (Из чего должно следовать, что отрицание этой строки христианином есть проявление лицемерия относительно христианского Слова. И христианство, и ницшеанство, [и ... ,] и даже "сократическая мудрость" полностью совпадают в намерении отправить слабых и неудавшихся (кем бы таковых ни обозначали, например, не "слабыми и неудавшимися", а "злыми и порочными", или "помрачёнными и заблуждающимися", или "ошибочными и нигилистами", или ...) в "землю". (Следовательно, следствие христианства, - фашизм?...))]


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